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Traditionen


DAS TRÖSTEN DER TRAUERNDEN
– Die Vorschrift, Trauende zu trösten, beginnt erst nach der Beerdigung. Bis dahin soll man den Hinterbliebenen erlauben, ihrem Schmerz vollen Ausdruck zu geben und daher keine Trostworte sprechen. Die in manchen Gemeinden übliche Sitte, bei der trauernden Familie vor der Beerdigung – in ihrem Heim oder in einem Bestattungsinstitut – Kondolenzbesuche zu machen, ist kein jüdischer Brauch. (Nur die engsten Familienmitglieder oder Freunde, die sich um das Begräbnis kümmern oder andere dringende Angelegenheiten der Familie zu ordnen haben, sollten vor der Beerdigung ins Haus kommen.)
– Die erste Mahlzeit nach dem Begräbnis darf der Trauernde nicht von seinen eigenen Speisen essen. Sie wird von Nachbarn, Freunden oder Verwandten vorbereitet. Diese Vorschrift gründet sich auf den Vers: "...und iss nicht das Brot der Menschen" (Esekiel 24:17). Daher betrachten es Nachbarn und Freunde als Mitzwa, die erste Mahlzeit, die s'udat hawra'a (Mahl des Trostes) genannt wird, vorzubereiten. Sie enthält der Tradition gemäss hartgekochte Eier, die ein Symbol der Trauer und des Trostes sind (die runde Form des Eis symbolisiert die dauernde Fortsetzung des Lebens und erinnert daran, dass auf Verzweiflung und Trauer auch Erneuerung und Freude folgen mögen). Im übrigen bestehen keine Einschränkungen für diese Mahlzeit, nur sollte man darauf sehen, dass daraus kein gesellschaftliches Beisammensein werde. Sie soll still und nachdenklich und ohne Gäste von den Trauernden gegessen werden.
Falls die Trauernden spät am Freitagnachmittag oder am Vorabend eines Festes von der Beerdigung heimkehren, gibt man ihnen keine s'udat hawra'a; wohl aber an den Zwischenfeiertagen von Pessach und Sukkot (chol ha-mo'ed), obgleich sie sich dann nicht zur schiw'a setzen.
– Beim Eintritt in ein Trauerhaus grüsst man nicht. Da Worte schwer die Tiefe des Mitgefühls, das der Besucher ausdrücken möchte, sagen können, oder das, was man sagt, oft seicht ist, ist es besser, gar nichts zu sagen. Die Tradition schreibt vor, dass der Besucher nicht versucht, sich mit dem Trauernden zu unterhalten, bevor er von ihm angesprochen wird.
– Es ist angebracht, über den Verstorbenen zu sprechen, seine guten Taten zu erwähnen und Erinnerungen festzuhalten, die ihn den Anderen lieb und wert machten. Wer absichtlich in der Unterhaltung die Erwähnung des Verstorbenen vermeidet und meint, dass er damit den Trauernden von seinem Schmerz ablenkt, versteht die Psychologie des Verlusts nicht. Wenn der Besucher nur über triviale Dinge redet, ist das viel schmerzvoller und weniger tröstend für den Trauernden, als wenn man über den Verstorbenen spricht.
– Bei jedem Verlassen des Trauerhauses während der schiw'a spricht man, zu den Trauernden gewendet, die traditionelle Formel des Mitgefühls:

Der Allgegenwärtige tröste euch inmitten aller, die um Zion und Jerusalem trauern.

Wenn man auch nicht mehr als diesen Satz zu sagen braucht, darf man doch weitere Worte des Trostes hinzufügen, wenn man die rechten Worte dazu findet.

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