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Traditionen


TRAUERZEITEN
– Das jüdische Gesetz schreibt drei aufeinanderfolgende Trauerzeiten vor, in denen die Trauer immer weniger intensiv wird. Die erste Periode heißt schiw'a, was "sieben" bedeutet und sich auf die siebentägige Trauerwoche bezieht, die der Beerdigung folgt.
– Man sitzt schiw'a für folgende Verwandte: Vater, Mutter, Ehemann (Ehefrau), Sohn, Tochter, Bruder oder Schwester.
– Am besten ist es, wenn die Verwandten zusammen im Haus des Verstorbenen schiw'a sitzen. Allerdings ist dies nicht vorgeschrieben, und die Familienmitglieder können an jedem ihnen passenden Ort schiw'a sitzen, auch getrennt, in ihren eigenen Häusern, wenn es die Umstände verlangen.
307 JÜDISCHES LEBEN
– Vorschriften während der schiw'a:
Trauernde sitzen nicht in normaler Höhe, sondern auf niedrigen Schemeln oder einer anderen niedrigen Sitzgelegenheit. Manche entfernen die Polster von Sofas und Sesseln und sitzen auf dem unteren Rahmen. Dies ist erlaubt. (Sephardische Familien folgen dem älteren Brauch, auf dem Boden zu sitzen.) Aus dieser Vorschrift heraus entwickelte sich der Ausdruck "Schiwe sitzen", obgleich die Trauernden nicht wirklich dauernd sitzen müssen.
Trauernde tragen keine Schuhe, die aus Leder hergestellt sind. Hauschuhe, Stoff- oder Gummischuhe dürfen als Alternative zu nur bestrumpften Füssen getragen werden.
Männliche Trauernde rasieren sich nicht und lassen sich nicht die Haare schneiden; Frauen benutzen keine Kosmetika. Trauernde dürfen nicht zur Arbeit gehen. Unter außergewöhnlichen Umständen, die eventuell eine Ausnahme erlauben, ist der lokale Rabbiner zu konsultieren.
Das Vermeiden von Vergnügen:
kein Geschlechtsverkehr;
keine neuen oder frischgewaschenen Kleider anziehen;
kein Torastudium, außer Büchern über Trauervorschriften und Kapiteln der Bibel, die von Trauer und Schmerz handeln, wie Teile von Jeremias, Job und Klagelieder.
– Die schiw'a endet am Morgen des siebten Tags nach dem Morgengebet. Der Tag der Beerdigung zählt als der erste Tag der schiw'a.
Sollte der 7. Tag auf einen Sabbat fallen, so endet die schiw'a kurz vor Sabbatanfang, gerade früh genug, um sich auf den Sabbat vorzubereiten. (Die weitverbreitete Idee, dass die schiw'a am Freitag Mittag oder am Mittag vor Festbeginn zu Ende ist, ist unbegründet).
– Am Sabbat während derschiw'a sind die öffentlichen Trauerbräuche aufgehoben. Sie beginnen wieder mit Sabbatausgang. Trotzdem wird der Sabbat in der Sieben-Tage-Periode mitgerechnet.
– Wenn einer der biblischen Festtage die schiw'a unterbricht, so ist sie völlig aufgehoben und beginnt nicht wieder nach dem Festtag.
– Wenn eine Beerdigung an einem der Zwischenfeiertage (chol ha-mo'ed) von Pessach oder Sukkot stattfindet, so beginnt die schiw'a erst, nachdem das ganze Fest vorüber ist. In der Diaspora zählt der letzte Tag des Fests als der erste Tag der schiw'a.
– Purim und Chanukka gehören nicht zu den Festen, welche die schiw'a beenden. Die Trauernden dürfen aber am Purim zum Vorlesen der M'gilla in die Synagoge gehen.
– Wenn die Todesnachricht mit Verspätung erfahren wurde, z.B. weil man nicht zu erreichen war oder entfernt lebt, hat der Trauernde alle Trauervorschriften vom Moment des Empfangs der Nachricht an zu halten. Wenn der Rest der Familie noch schiw'a sitzt und er sich zu ihnen gesellen kann, endet seine schiw'a mit der ihren. Wenn er nicht mit den anderen zusammen sitzen kann oder die schiw'a schon vorüber ist, rechnet der Tag des Empfangs der Todesnachricht als der erste Tag seiner schiw'a.
– Wird die Todesnachricht erst nach Ablauf von 30 Tagen erhalten, so sitzt man nicht mehr schiw'a. Man zieht nur die Schuhe aus und sitzt für eine Stunde auf einem niedrigen Schemel, als Zeichen der Trauer, und sagt: "Gesegnet sei... gerechter Richter." Wenn es Vater oder Mutter waren, die gestorben sind, muss man auch k'ria reissen.
– Die zweite Periode heißt sch'loschim, was "dreissig" bedeutet und sich auf die Zeit vom Ende der schiw'a bis 30 Tage nach der Beerdigung bezieht. Während dieser Zeit besucht man keine Gesellschaften, auch nicht solche ohne Musik, und darf nicht heiraten. Ebenso darf man sich nicht rasieren oder sich die Haare schneiden lassen. Damit endet die Trauer für alle Verwandten ausser für die Eltern.
– Die sch'loschim enden am Morgen des 30. Tags. Der Tag der Beerdigung zählt als der erste Tag.
– Sollte eines der Hauptfeste in die sch'loschim fallen, so endet diese Trauerperiode mit dem Beginn des Festes und wird nicht wieder aufgenommen, wenn das Fest vorüber ist.
– Die dritte Periode, die nur für Eltern gehalten wird, heisst einfach awelut, Trauer. Sie endet nach Ablauf von zwölf (jüdischen) Kalendermonaten vom Todestage an gerechnet, und sie wird vom Tag nach den schloschim bis zum ersten Jahrzeitstag des Todes gehalten. Während dieser Zeit sollte man an keinen Festlichkeiten, wie Konzerten, Theateraufführungen, Festmählern mit Musik usw. teilnehmen. Söhne sagen die ersten 11 Monate dieses Jahres täglich Kaddisch. Nach Ablauf des Jahres darf man öffentlich keine Trauer mehr zur Schau stellen.

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